Herausforderungen in der Elternarbeit – Sicht einer reformpädagogischen Schule

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Warum berichten unsere Pädagogen*innen immer wieder von Überlastung? Mit dieser Frage ist eine Gruppe von Eltern vor nicht allzu langer Zeit an mich herangetreten. Sie haben eine Arbeitsgruppe gebildet und möchten sich mit diesem Thema beschäftigen. Ich selbst bin Arbeitspsychologin, Mama zweier Mädels an dieser Schule und im Rahmen meiner Elternmitarbeit begleite ich seit 6 Jahren das Team. Das Ziel meiner Arbeit: Pädagogen*innen an einer reformpädagogischen Schule, die gesund bleiben und mit Freude bei der Arbeit sind.

Auf die Frage der Eltern bin ich dann in mich gegangen, habe die Arbeit der letzten Jahre reflektiert und mich mit dem Team besprochen. Die Antwort ist eigentlich ganz klar: der größte Belastungsfaktor sind die Eltern – so traurig das auch klingen mag. Alle Teammitglieder sind einer Meinung: die Arbeit mit den Kids bereitet ihnen viel Freude und ist meistens auch energiebringend. Die Arbeit im Team passt auch sehr gut. Die eine oder andere Besprechung ist zu viel, es bleiben immer wieder spannende Projekte liegen, weil die Zeit fehlt und ab und zu stellt auch die Bürokratie eine Herausforderung dar. Alles part of the job und auch ok – wären da bloß nicht die Eltern.

Unsere Schule ist recht klein. Sie wird von rund 90 Schüler*innen zwischen 7 und 15 Jahren besucht. Auch wenn wir seit ein paar Jahren eine konfessionelle Schule sind, ist das Schulgeld, das monatlich zu bezahlen ist, doch recht hoch und mit der Höhe des Schulgeldes steigt wahrscheinlich auch der Anspruch der Eltern „etwas Besonderes“ – einen Mehrwert im Vergleich zur Regelschule zu bekommen. Immer wieder fällt die Aussage von Seiten der Eltern „wir zahlen ja dafür“. Und mit dieser Aussage üben sie, wenn auch nicht bewusst, Druck auf das Team aus.

Das Team ist sehr bemüht immer wieder Außergewöhnliches zu leisten. Manchmal scheint es so, als hätte das den gegenteiligen Effekt. Warum? Weil man es niemals allen recht machen kann und die Zielgruppe der Eltern, deren Kinder eine reformpädagogische Schule besuchen ist doch – auch wenn man sich das nicht erwartet – sehr heterogen. Manche Eltern wünschen sich einen sehr freien Schulunterricht. Andere wiederum sind stark verunsichert, wenn die Struktur fehlt. Manche wünschen sich Lernchecks, manche sogar Noten und andere wiederum am liebsten keinerlei offensichtliche Leistungsbeurteilung bis zum Ende der Schulpflicht. Und die Pädagogen*innen – die stehen dazwischen und mühen sich damit ab die Freude an der Arbeit nicht zu verlieren. Nebenbei bemerkt – alle diese Themen sind in einem verschriftlichten Schulkonzept festgelegt, das den Eltern schon vor dem Eintritt ausgehändigt wird – und dennoch führen sie immer wieder zu Diskussionen.

Nur kurz erwähnt, um nicht zu vergessen – der Redebedarf der Eltern. Der, so denken manche Eltern zumindest, in einer Schule, in der man zahlt, auch entsprechend lange gestillt werden sollte. Auch das kostet Zeit und erfüllt man die Erwartungen der Eltern nicht und hört sich ihre Sorgen nur unzureichend an, so gehen sie in den Widerstand und dann wird es erst recht anstrengend.

Gemeinsam mit dem Team haben wir die verschiedensten Varianten überlegt. Die Quintessenz: es sind immer nur ein eine Hand voll Eltern, die anstrengend sind. Die Zusammenarbeit mit dem größten Teil der Eltern ist fruchtbar und wertschätzend. Das Ziel: den Fokus auf jene Eltern zu legen die Energie bringen oder zumindest energieneutral sind.

Und zum Schluss noch ein paar Vorschläge für Eltern: 

  1. Auch wenn ihr eingeladen seid, im Unterricht zu hospitieren: Vielleicht reichen drei Mal im Jahr, um so einen groben Eindruck zu erhalten. Es muss nicht jede Woche sein.
  2. Überlegt vorher, wie wichtig die Kontaktaufnahme am Sonntagabend zu der Lehrperson ist. Und dann teilt die Wichtigkeit durch 25… denn soviel Schüler:innen betreut die durchschnittliche Lehrkraft. 
  3. Außer im Fußball gibt es vermutlich nirgends so viele Expertinnen wie im Bildungsbereich. Die Lehrkräfte wissen meist was sie tun und das was sie tun tun sie nach bestem Wisen und Gewissen. Sie haben sich den Beruf ausgesucht und machen ihn im Normalfall gut und gerne. Natürlich kann es Ausnahmen geben. Aber gerne einfach mal „the benefit of the doubt“ geben. 
  4. Und zu guter Letzt Rosegger – schließlich sind wir in der Steiermark: Wenn du wen gern hast, lege ihm alles zum Guten aus – dann hast du meistens recht. 

Die Autorin ist Arbetispsychologin und aktive Mitwirkende in der Elternarbeit in der Steiermark.

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