Wie ausgewechselt
Eine Geschichte, in der sich die Motivation eines Schülers in nur einer Stunde um 100 Prozent verändert hat.
Ich unterrichte eine 4. Klasse im Fach Berufsorientierung. Einmal pro Woche schaue ich früh morgens in noch sehr müde Gesichter. Paul*, 14, ist ein Teil dieser Klasse. Ich fahre schwere Geschütze auf, um die Schüler*innen aufzuwecken, vor allem Paul ist leider sehr unmotiviert. Ich bleibe fröhlich und ziehe meine geplante Stunde durch. Heute werden Vorstellungsgespräche vorgespielt. Die Begeisterung der Schüler*innen hält sich zunächst in Grenzen. Wir besprechen das Wichtigste und sie teilen sich in Gruppen ein.
20 Minuten später ist es so weit, die Vorstellungsgespräche können gespielt und gefilmt werden. Ich frage, wer gerne beginnen möchte. Pauls Gruppe meldet sich freiwillig, ich freue mich. Paul legt eine solide und erheiternde Performance hin, es haut mich fast vom Hocker! Ich sage ihm, er habe wohl ein Talent zum Spielen, er grinst mich an! So habe ich ihn noch nie zuvor gesehen.
Die Glocke läutet das Ende der Stunde ein. Paul lässt einen Kommentar fallen, der mein Lehrerinnenherz höher schlagen lässt:
„Waaaaaas? Schon zu Ende? Gerade heute macht es mir Spaß und die Zeit vergeht so schnell!“
Mein Tag ist gerettet. Seither zeigt sich Paul in jeder Stunde von seiner besten Seite. Ich nehme seine Verhaltensveränderung gerne auf meine Kappe und weiß wieder, warum ich mich von Montag bis Freitag um 6 Uhr aus dem Bett quäle.
*Name von der Redaktion geändert.
Die Autorin ist Lehrerin an einer NMS in Wien.
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