Schlagwortarchiv für: #lehramtsstudium

Lesezeit: 6 Minuten

Das Lehramtsstudium vermittelt einem, wie verschiedene Erdschichten aufgebaut sind und

welche chemische Zusammensetzung sie haben oder lässt einen Mittelhochdeutsch perfekt

verstehen. Doch über Themen wie Elternarbeit, administrative Aufgaben und tatsächliche

Herausforderungen in Wiener Schulklassen hört man kaum ein Wort. Es ist schon paradox, dass

einer der wichtigsten Berufe so lange studiert werden muss, während man gleichzeitig das

Gefühl hat, auf den eigentlichen Beruf überhaupt nicht vorbereitet zu werden.

Meine gesamte Schulpraxis während des Bachelorstudiums bestand aus sechs Team-Teaching-

Einheiten und drei Einzelstunden. In der Geografie-Praxis hielt ich die Teameinheiten sogar in

einem Viererteam ab. Ehrlich gesagt, weiter von der Realität hätte diese Erfahrung nicht entfernt

sein können.

Der Dienstantritt – Konfrontation mit der Realität

Nun habe ich mein erstes Dienstjahr an einer Wiener Mittelschule hinter mir und beginne gerade

das zweite. Die vielen Eindrücke und Erlebnisse, die ich gesammelt habe, könnten wohl ein

ganzes Buch füllen, doch ich werde versuchen, mich hier auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Erst mit dem Eintritt in den Schulalltag merkt man, wie viel man eigentlich nicht weiß. Das

Studium bereitet einen nicht ausreichend auf die Realität des Lehrberufs vor, und viele

Lehramtsstudierende erleben dann einen Schock, wenn sie zum ersten Mal vor einer Klasse

stehen. In den wenigen pädagogischen Veranstaltungen an der Universität wird man häufig von

Professor:innen unterrichtet, die nie selbst in einem Klassenzimmer standen. Ich erinnere mich

besonders an ein Seminar, in dem die Lehrkraft wiederholt gefragt wurde, wie sie in bestimmten

Unterrichtssituationen reagieren würde. Doch konkrete Antworten haben wir nicht bekommen.

„Das kommt immer darauf an“ oder „Das sehen Sie dann, wenn Sie unterrichten“ waren die

gängigen Antworten – und diese waren keine Einzelfälle.

Ich habe schnell gelernt, dass der Großteil des fachlichen Wissens aus der Uni im Alltag nicht

unbedingt von Bedeutung ist. Was jedoch viel problematischer ist, ist die fehlende Vorbereitung

auf die tatsächlichen Herausforderungen, die der Schulalltag mit sich bringt. Es scheint fast

normal geworden zu sein, dass man sich alles selbst beibringen muss, sobald man in den Beruf

einsteigt. Der Gedanke „das sieht man dann schon, wenn man unterrichtet“ wird immer

häufiger von den Universitäten übernommen.

Wenn man dann endlich nach mehreren Jahren Studium in der Schule steht und beispielsweise

das erste Elterngespräch führen muss, ist man oft völlig überfordert. Wie beginnt man so ein

Gespräch? Was ist angebracht und was vielleicht nicht? Diese Fragen hat man im Studium kaum

thematisiert.

Auch das Bild, das einem von einer Schulklasse vermittelt wird, könnte kaum weiter von der

Realität entfernt sein. Nein, es sitzen nicht alle Kinder ruhig da und hören interessiert zu. Und

nein, es gibt keine Klasse, in der es keine Schwierigkeiten gibt. Obwohl die Sprachvielfalt in Wien

oft zur Sprache gebracht wird, fehlt es im Studium an praktischen Hinweisen, wie man diese in

der Klasse bewältigt. Gerade im Germanistikstudium wäre das besonders hilfreich gewesen.

Das große Fragezeichen, das vielen Berufseinsteiger:innen im Kopf schwebt, ist das „WIE?“ Wir

wissen, dass es verhaltensauffällige Schüler:innen gibt, aber wie man mit ihnen umgeht, lernt

man kaum. Wir wissen, dass viele Kinder keine oder nur geringe Deutschkenntnisse haben, aber

wie wir ihnen im Unterricht helfen können, das wird kaum vermittelt.

Diese Unsicherheiten führen dazu, dass viele Lehrkräfte schon nach wenigen Wochen wieder

kündigen. An meiner Schule war dies letztes Jahr der Fall, und auch dieses Jahr haben wir

wieder Kolleg:innen verloren, die sich nicht ausreichend vorbereitet fühlten.

Ich persönlich hatte das Glück, mich durch die Erfahrungen meines Partners, der bereits vor

Jahren in einer Mittelschule tätig war, im Vorfeld etwas auf diese Herausforderungen einstellen

zu können. Dadurch konnte ich mir schon früh Gedanken darüber machen, wie ich in

verschiedenen Situationen reagieren würde, was mir den Einstieg sicherlich erleichtert hat.

Doch sollte dies wirklich als „Privileg“ gelten? Sollte nicht jede:r Lehramtsstudierende die

Möglichkeit haben, sich realistische Vorstellungen vom Beruf machen zu können, bevor er/sie

ins kalte Wasser geworfen wird?

Meine persönlichen Erfahrungen im ersten Dienstjahr

Nun, genug Kritik an der Universität Wien. Wie sah mein erstes Dienstjahr denn tatsächlich aus?

Es war geprägt von intensiven neuen Erfahrungen, vielen kleinen Erfolgen und einem steilen

Lernprozess. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich am ersten Tag in die Schule kam und

plötzlich mit vielen Begriffen und Abkürzungen konfrontiert wurde, die mir völlig neu waren.

Begriffe wie „KEL-Gespräche“ , „Sche-Bögen oder ao-Kinder waren mir zunächst fremd, aber

nach kurzer Zeit war ich überrascht, wie schnell man sich in diese neue Welt einfindet. Diese

neuen Herausforderungen haben mich nicht nur gefordert, sondern vor allem motiviert.

Eine der größten Lektionen im ersten Jahr war, dass jede noch so kleine Entscheidung oder

Handlung gefühlt unendlich viel Zeit in Anspruch nahm. Jede Entscheidung – sei es, wie ich eine

Sitzordnung gestalte, wie ich mit Schüler:innen in schwierigen Situationen umgehe oder wie ich

ein Elterngespräch beginne – wurde von mir anfangs lange überdacht. Im ersten Jahr wollte ich

immer alles richtig machen, und das führte dazu, dass ich mich oft selbst hinterfragte. Doch

genau diese intensive Beschäftigung mit den kleinen Details hat mich wachsen lassen. Im

zweiten Jahr merke ich nun, dass viele dieser Entscheidungen viel schneller und

selbstverständlicher getroffen werden. Man gewinnt Routine und das Vertrauen in die eigenen

Fähigkeiten.

Ein besonderer Moment in meinem ersten Jahr war, als mir angeboten wurde, Klassenvorstand

zu werden. Viele sehen darin nur zusätzliche Arbeit, aber für mich war es eine unglaubliche

Ehre. Ich war unglaublich dankbar für diese Möglichkeit, weil ich es als ein großes Vertrauen in

meine Arbeit empfand. Dieses Angebot hat mir gezeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin und

dass meine Arbeit gesehen und wertgeschätzt wird. Als Klassenvorstand habe ich die

Möglichkeit, noch enger mit meinen Schüler:innen zusammenzuarbeiten und sie auf ihrem Weg

intensiver zu begleiten, was für mich eine der schönsten Aufgaben im Lehrberuf ist.

Zusätzlich zu dieser Rolle wurde mir auch die Chance gegeben, einige administrative Aufgaben

der Schule zu erlernen, für den Fall, dass es irgendwann nötig sein sollte

mitzuhelfen/einzuspringen. Auch das mag nach mehr Arbeit klingen, aber für mich war es ein

Zeichen, dass man mir viel zutraut. Ich empfinde es als große Ehre, schon im ersten Jahr so viele

Möglichkeiten zu bekommen. Ich habe dabei meine eigene Theorie entwickelt: Je mehr man am

Anfang lernt und je früher man „ins kalte Wasser geworfen wird“ , desto schneller wächst man in

die Rolle hinein und desto sicherer fühlt man sich im Schulalltag. Dieser Gedanke hat mir

persönlich sehr oft geholfen – besonders in stressigen Situationen.

Was mir bei all diesen neuen Aufgaben und Herausforderungen noch sehr geholfen hat, war das

großartige Team, in das ich aufgenommen wurde. Ich hatte großes Glück, an eine Schule zu

kommen, an der das Kollegium nicht nur professionell, sondern auch unglaublich unterstützend ist.

Gerade im ersten Jahr ist es enorm wertvoll, ein Team zu haben, auf das man sich verlassen

kann. Es gab viele Momente, die anstrengend waren, sei es ein anstrengender Unterrichtstag

oder eine schwierige Situation mit einem:r Schüler:in. Doch zu wissen, dass man sich immer mit den

Kolleg:innen austauschen kann, hat mir die Sicherheit gegeben, dass ich nicht allein bin.

In unserer Schule wird viel mit Humor gearbeitet, was gerade an stressigen Tagen eine große

Erleichterung ist. Es ist wichtig, dass man lernt, auch über schwierige Situationen zu lachen und

den Stress nicht zu ernst zu nehmen. Meine Schulleiterin und ihre Stellvertreterin waren in

diesem ersten Jahr eine große Stütze für mich. Sie haben mir bei vielen Unsicherheiten geholfen,

sei es bei organisatorischen Fragen oder bei der Korrektur von Schularbeiten. Es war beruhigend

zu wissen, dass ich immer auf ihre Unterstützung zählen konnte, und das hat mir gerade im

ersten Jahr sehr geholfen. Sie haben mir nie das Gefühl gegeben, dass es schlimm sei, etwas

nicht zu wissen – im Gegenteil, sie haben mir stets den Rücken gestärkt und mir das Gefühl

gegeben, dass Fehler ein Teil des Lernprozesses sind.

Und trotzdem ein Traumberuf?

Absolut! Trotz all der Kritik an der Ausbildung würde ich diesen Beruf immer wieder wählen. Es

mag sein, dass einige Punkte in diesem Text bislang eher negativ klangen, doch das bezieht sich

hauptsächlich auf die Ausbildung und die mangelnde Vorbereitung. Sobald man sich jedoch

eingelebt hat und den einen oder anderen Fehler gemacht hat, beginnt man, den Beruf wirklich

zu genießen.

Die Kinder sind das, worauf es ankommt. Sie sind der Grund, warum ich diesen Job so liebe.

Viele Lehrkräfte hören oft den Satz: „Bei der heutigen Jugend würde ich mir diesen Job nicht

antun.“ Doch für mich gibt es nichts Schöneres, als zu wissen, dass ein Kind etwas gelernt hat,

weil ich ihm dabei geholfen habe. Oder dass ein Kind mit einem Problem zu mir kommt, weil es

mich als Vertrauensperson ansieht.

Es sind diese Momente, die all die Mühen wert sind. Wenn Kinder einem private Dinge

anvertrauen oder sich an einen wenden, weil sie Hilfe oder Rat brauchen, spürt man, dass man

als Lehrkraft eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielt. Man kann als Lehrkraft entscheidend für

die Entwicklung eines Kindes sein – und das gibt mir unglaublich viel Motivation.

Ich liebe diesen Job, weil ich sehe, wie ich das Leben der Kinder beeinflussen kann. Jeder kleine

Erfolg eines Schülers/einer Schülerin oder eine ehrliche Dankbarkeit für Hilfe macht den Stress

und die schwierigen Situationen wett. Solange man nicht vergisst, dass es letztendlich um die

Kinder geht, kann man auch über viele Schwächen im Bildungssystem hinwegsehen.

Die Autorin ist Lehrerin an einer Wiener Mittelschule.

Lesezeit: 2 Minuten

Lehrplanänderungen. Neue Curricula. Neue Arbeitsverträge. Verlängerung des Lehramt-Studiums. Verkürzung des Lehramt-Studiums. 

Wie in jedem Beruf kommt es wohl auch im Lehrberuf immer wieder zu Veränderungen. Und gerade in einer Zeit, in der sich die Gesellschaft, die Medien und die Umstände, rascher weiterentwickeln als sonst, ist das wohl auch nachvollziehbar und gut. Nur manchmal kommt man da als Student:in nicht so ganz mit. 

Gut, wenn Lehrpläne angepasst werden, betrifft uns das zunächst einmal nicht direkt. Wir stehen schließlich noch nicht in der Schule und hätten eine Jahresplanung o.ä. die wir dann verändern oder umschmeißen müssten. Und im Studium wird der Lehrplan, der eigentlich später unsere Arbeitsgrundlage bildet, wenn du Glück hast, nur in den Fachdidaktik-Vorlesungen kurz einmal behandelt. Denn „bis Sie in der Klasse stehen, wird sich der Lehrplan sowieso noch einmal verändern“, wie ein Professor einmal zu uns sagte. (Ob das nun ein Argument dafür ist, sich damit gar nicht zu beschäftigen, sei in Frage gestellt.) D.h. wir bekommen zwar mit, dass der Lehrplan, für welche Schulstufe und für welches Fach auch immer, wieder einmal eine Generalsanierung bekommt, so richtig damit auseinandersetzten, tun wir uns aber nicht. Also zumindest nicht im Studium. Und wenn wir ehrlich sind, werden die meisten Student:innen auch ihre Freizeit nicht damit verbringen, sich durch den meist sehr kryptisch geschriebenen Lehrplan zu kämpfen. Was ich also damit sagen will, ist, dass Veränderungen im Bereich der Lehrpläne durchaus gut und erforderlich sind. Nur der Umgang damit im Studium (und vielleicht auch in den Schulen) könnte ein wenig besser laufen. Denn ob es so zielführend ist, das erste Mal in einen Lehrplan reinzusehen, wenn ich am nächsten Tag meine erste Schulstunde halten muss, weiß ich nicht so ganz. Und ja klar, die Verantwortung liegt dabei sicher auch zu einem größeren oder kleineren Teil bei uns Student:innen. Doch wenn wir schon von Lehrplan oder eben Curricula-Veränderungen sprechen, könnten wir dieses Anliegen doch durchaus einmal auf den Tisch legen und so vielleicht erreichen, dass wir uns auch im Studium schon damit auseinandersetzten, müssen. 

Wenn wir schon dabei sind: Curriculum Veränderungen sind auch so eine mystische Sache. Irgendwie sind sie immer auf einmal da und keiner weiß, wie und was sich genau verändert hat. Man kann umsteigen auf das neue, es ist aber auch kein Problem, wenn man im alten bleibt. Außer, es vergehen zu viele Jahre. Klar, solche Änderungen durchzuführen, und dann tausende von Studierenden in ein neues System einzugliedern, ist eine Mammut-Aufgabe. Nur vielleicht wäre es ja ein möglicher Ansatz, Veränderungen, die durchaus wichtig sind, in kleineren Bereichen wie den einzelnen Lehrveranstaltungen anzusetzen, anstatt immer das Große-Ganze zu verändern. 

Dass sich also Lerninhalte auch auf Ebenen der Unis verändern, ist essenziell für ein immer innovativer werdendes Schulsystem in Österreich. Wie wir mit diesen Veränderungen aber umgehen, könnten wir durchaus noch einmal überdenken. Und wie das Ganze dann nach der Verkürzung des Lehramt-Studiums aussieht, darüber reden wir dann, wenn es so weit ist. 

Anna Lemmerer, Lehramtsstudentin in Wien und Schulgschichtn-Redakteurin

Lesezeit: 3 Minuten

Zwischen Studentin und Lehrkraft – wie bin ich wann?

Ich denke jede:r Lehramt-Student:in hat zu Beginn des Studiums ein eigenes Bild von sich als Lehrkraft vor Augen. Man möchte später die eine Lehrperson sein, die alle Schüler:innen mögen, die lehrreiche Stunden mit lustigen und aufregenden verbinden kann und die die Klassen dazu motiviert, immer wieder über sich selbst hinaus zu wachsen. Doch spätestens nach den ersten Praxis-Erfahrungen wird einem klar, dass dieses lockere Lehrer:in-Dasein doch nicht so schnell und einfach geht, wie man sich das anfangs vorgestellt hat. 

Im Laufe des Studiums lernt man unzählige Wege kennen, die einem ans Ziel bringen. Wie dieses Ziel genau aussieht, hängt von der jeweiligen Problemstellung ab. Nur fällt einem sehr schnell auf, zumindest war das bei mir der Fall, dass nicht jeder Weg der beste für einen ist. Wie so oft im Leben geht es darum, herauszufinden, wo seine Grenzen liegen, wie weit man diese vielleicht auch verschieben sollte und welche Bedingungen für einen selbst bestehen müssen, um so agieren zu können, wie man es sich von sich selbst erwartet. Was will ich also damit sagen? Im Studium muss und soll es auch darum gehen, herauszufinden, wie das eigene Lehrerbild von sich selbst aussieht. Und zwar nicht die Person, die man sich vorstellt, wenn man aus Schüler:innen-Sicht eine „coole Lehrperson“ beschreiben müsste. Sondern es geht um die eigene Person. Die, die weiß, welche Bedingungen in der Klasse herrschen müssen, um die Ziele, die es natürlich auch noch zu definieren gilt, zu erreichen. Man muss versuchen, die Sichtweise zu ändern. Weg von der Schüler:innen-Sicht hin zur Lehrer:innen-Sicht und der Zukunft, in der man trotz gesetzten Grenzen und Regeln, noch die Lehrperson sein will, an die Schüler:innen nach der Schulzeit ohne Bauchschmerzen und Traumata zurückdenken. Mal davon abgesehen, dass ich sowieso der Meinung bin, erst diese Lehrkraft sein zu können, wenn eben das eigene Bild von einem Selbst definiert und gefestigt ist. 

Ein konkretes Beispiel: Eine meiner allerliebsten Lehrer:innen war meine ehemalige Mathematiklehrerin in der Oberstufe. Jap, Mathe. Definitiv nicht mein Lieblingsfach und auch sicher keine unentdeckte Stärke von mir. Sieht man aber von den Fächerinhalten ab, kann ich viel Gutes über den Unterricht berichten. Denn im Gegensatz zu anderen Fächern, in denen ich zwar sehr liebenswerte, aber manchmal zu chaotische Lehrkräfte hatte, schaue ich heute auf einen nicht nur sehr harmonischen und lustigen Mathe-Unterricht zurück, sondern auch auf sehr strukturierte und fokussierte Unterrichtseinheiten. Meiner Meinung nach konnte dieser stimmige, lustige, irgendwo vielleicht auch lockere Unterricht aber nur dann bestehen, wenn gleichermaßen Regeln eingehalten und das Ziel im Auge behalten wurde. Was das Ziel war, welche Regeln in der Klasse herrschen sollten und wo die Grenzen waren, legte hierbei die Lehrperson fest. All diese Dinge hatte meine ehemalige Lehrerin zuvor für sich definiert, für sich Ziele festgesteckt und auch Anforderungen an uns gestellt. Diese Umstände waren sowohl ihr als auch uns klar. Und solange all diese Dinge eingehalten wurden und funktioniert haben, konnte der geplante Unterricht auch manchmal etwas abweichen, und das Lernerlebnis wurde nicht nur schöner, sondern auch viel persönlicher und entspannter. So war Mathe zwar nie mein Lieblingsfach, die Mathe-Matura hingegen aber eine der Prüfungen, für die ich am besten vorbereitet war. Und das ist nicht nur meiner natürlich sehr stark vorhandenen Lernmotivation zu verdanken. ;) Sondern auch meiner ehemaligen Mathe – Lehrerin. 

Was ich damit andeuten will, ist Folgendes: Viele Faktoren nehmen darauf Einfluss, ob ein Unterricht gut oder weniger gut ist. Und zu wissen, wer und wie man als Lehrperson ist, ist einer davon. Neben den ganzen fächerspezifischen und pädagogischen Inhalten im Studium gilt es für Lehramt-Student:innen also auch eins: Sich selbst weit ein Stück weiter kennen zu lernen. Zu definieren, wer man wann sein möchte und zu lernen, sich auch als Lehrkraft akzeptieren zu können. Denn um später einen Unterricht abhalten zu können, der schüler:innenorientiert, unterhaltsam und persönlich ist, ist es wichtig, den eigenen Erwartungshorizont festzulegen und zu wissen, welche Bedingungen herrschen sollen, um auch von sich als Lehrperson das Beste rausholen zu können. Denn ist man sich im eigenen Auftreten und Können sicher, kann man genau dieses Vertrauen in sich selbst auch an die Schüler:innen weiter geben. Schließlich sind auch wir später einmal Vorbilder für unsere Klassen. Und mal ehrlich, wir wollen doch alle einmal, dass unsere Schüler:innen positiv über uns denken. 

Anna Lemmerer ist Autorin bei Schulgschichtn und Lehramtsstudentin im dritten Semester.

Lesezeit: 5 Minuten

Zu Beginn des Schuljahres wurde erneut eine beträchtliche Kritik hinsichtlich des Lehrkräftemangels an österreichischen Bildungseinrichtungen laut, wobei der vermehrte Einsatz von Studierenden im Lehramtsstudium sowie Quereinsteigenden als notwendig erachtet wurde. Trotz der unmittelbaren Relevanz dieser Thematik für mich als Studierende im dritten Semester des Lehramts, soll der vorliegende Beitrag nicht allein auf diese Angelegenheit fokussieren. Mein Wissen, dass mich ein frühzeitiger Berufseinstieg durchaus treffen kann, hat mich dazu motiviert, außerhalb meines Orientierungspraktikums in diesem Semester praktische Erfahrungen zu sammeln und meine pädagogische Praxis zu vertiefen. Seit September arbeite ich als Deutsch-Lernbegleiterin an der VHS im Rahmen der Wiener Lernhilfe und erwerbe sowohl dort als auch während meines Praktikums im Rahmen meines Studiums (an einer Polytechnischen Schule) Erfahrungen sowie Einsichten, die ich im Folgenden gerne beschreiben möchte. Damit will ich nicht nur zeigen, welche Herausforderungen neue Lehrkräfte (meistens allein) bewältigen müssen, sondern will auch darauf hinweisen, welche positiven Seiten das Lehrer-Dasein hat und wie liebenswert diese Berufung wirklich ist. 

Das erste Mal keine Schülerin mehr 

Meine Studienkollegin und ich betreten also die Schule. Ein bisschen unbeholfen komme ich mir schon vor. Aber ich bin froh, wenigstens nicht allein zu sein. Wir lernen unsere Mentorin kennen. Sie ist jung, Deutsch und Biologie-Lehrerin, und wir verstehen uns sehr gut. Das erleichtert schon mal viel und lindert die erste Nervosität ein bisschen.
Thema der ersten Stunde: Bewerbungsschreiben. Noch während ich in der Klasse sitze, überlege ich mir schon einmal eine grobe Konzeption, wie meine erste Stunde zu diesem Thema ausschauen würde. Auch wenn sich der Gedanke daran, vor der Klasse zu stehen, doch noch recht fremd anfühlt. Die Stunde verläuft ruhig, die Schüler:innen fallen nicht „unangenehm“ auf, die Lehrkraft unterrichtet. Nur eine Sache verwundert mich: Eine Schülerin, die die ganze Stunde nur am Tisch den Kopf in die Hände gestützt da liegt, wird kein einziges Mal darauf angesprochen. Sollte man sie nicht wenigstens darauf aufmerksam machen? Die Erklärung, die von meiner Mentorin danach erfolgt, macht mir gleich einmal bewusst, dass ein dickes Fell in diesem Beruf sicher nicht schadet. Die Schülerin hat Probleme mit ihrer psychischen Gesundheit. Die Eltern wissen Bescheid, die Schulpsychologin ist eingeschaltet und anscheinend bekommt das Mädchen angemessene Hilfe. Nur unsere Mentorin scheint als Lehrkraft doch recht hilflos zu sein. Damit zweifle ich nicht ihre Fähigkeiten als Lehrkraft an, sondern schlichtweg das Fehlen von Möglichkeiten, wie man helfen könnte. Man versucht das Mädchen zwar so gut es geht in den Unterricht miteinzubeziehen, ermöglicht ihr, die Aufgabenstellungen allein zu bearbeiten, um ihr das Lernen zu erleichtern. Und so kann man wenigstens das Schulische ein wenig vereinfachen. Nur bei ihrem Problem richtig zu helfen, entpuppt sich als ziemlich schwierig.
Vielleicht liegt es daran, dass ich in meiner Schulzeit mit solchen Problemen nicht konfrontiert war und daher in Bezug auf dieses Thema sehr naiv in die Praxis gestartet bin. Aber zu sehen, dass man als Lehrkraft ab einem gewissen Punkt doch relativ machtlos ist, hat mir einen kleinen Dämpfer versetzt. Sicher auch meiner Naivität verschuldet, hatte ich viele Schattenseiten, oder vielleicht auch einfach „nur“ alltägliche Hürden die mir als Lehrkraft begegnen können, nicht so sehr im Blick. Noch die ganze Woche nach diesem Vorfall, habe ich mir die Frage gestellt, warum man nicht mehr tun kann und warum man vielleicht auch nicht jedem helfen kann. Selbst wenn man das gern würde. Meine Praxis in dieser Schule und auch andere Vorfälle in den VHS-Kursen, die ich jetzt hier nicht alle vorhabe zu schildern, haben den dünnen Schleier, der doch noch die „theoretische Schule“ von der „realen Schule“ getrennt hatte, verblassen lassen. Und das ist auch gut so. Jetzt gilt es nur zu lernen, diese Hürden zu überwinden und Wege zu finden, am besten damit umzugehen. 

Auch erste gute Erfolge

Aber zum Glück hat mir meine bisherige Praxis nicht nur ihre Schattenseiten der Schule gezeigt, sondern vor allem auch die schönen. Besonders in den Deutsch-Kursen der VHS die ich leite, zeigt sich oft, dass sich die Bemühungen der Schüler:innen und auch meine, fast immer bezahlt machen:
Die erste Stunde meines Kurses ist vorbei. Und ich fühle mich nur eins: überfordert und unsicher. Ich habe vor allem Zweifel daran, ob meine Erklärungen für die Schüler:innen auch verständlich und angemessen waren. Entsprechen die Übungen überhaupt dem Lehrplan? Was verlangt der Lehrplan eigentlich? In welcher Schulstufe schreibt man jetzt noch einmal einen Bericht?
Ich gab mir Mühe die Materialien und Übungen so aufzubereiten, dass sie für die Kinder und Jugendlichen angemessen waren. Und trotzdem hinterfragte ich jedes Mal, ob meine Vorbereitung passt, die Übungen machbar sind und vor allem, ob sie den Schüler:innen helfen. Aber die Unsicherheit schwindet nach der Zeit. Man lernt nicht nur die Kinder besser kennen, sondern auch sich selbst und den eigenen Lehrstil. Und nach ein paar Wochen bekam ich die erste Bestätigung, dass sich mein Einsatz bezahlt macht:
An einem Donnerstag kam ein Junge, mit dem ich die Wochen zuvor für seine Deutsch-Schularbeit gelernt hatte, grinsend in meinen Kurs. Ich war noch mit einer anderen Schülerin beschäftigt, erklärte ihr die Übung zu Ende und sah erst dann auf. Der Junge grinste mich noch immer an und sagte: „Frau Lehrerin, die Schularbeit ist ein Zweier!“. Den Tag konnte mir so schnell keiner mehr vermiesen! Ich begann auch zu Grinsen, lobte ihn und gratulierte ihm zu seiner Note. Das erste Mal zu hören, dass sich nicht nur meine Bemühungen, sondern vor allem die der Schüler:innen auszahlen hat mir gezeigt, wie schön es ist, stolz auf deren Erfolge zu sein. Denn wenn man früher die eignen Erfolge bei Prüfungen in der Schule gefeiert hat, feiert man jetzt die der Kinder. Obwohl ich auch, und das denke ich auch zurecht, stolz auf mich war. Ich hatte ihm ein Stück weit weitergeholfen, da hinzukommen, wo er hinmöchte. Und das, obwohl zu Beginn so viel Unsicherheit in meinem Handeln lag. Und genau das ist es, was ich unter „Lehrer:in-Sein“ verstehe. Den Kindern eine Stütze zu sein und bei Hürden weiterzuhelfen. 

Und jetzt? 

Nun selbst Einblicke in die Schulen und das Arbeiten mit Schüler:innen zu bekommen, zeigt mir nicht nur, dass ich den richtigen Beruf für mich gewählt habe, sondern auch, welche Herausforderungen noch auf mich zukommen werden. Nun einen ungefilterten Blick hinein werfen zu können, lässt mich nicht nur den Job noch mehr lieben, sondern zeigt mir auch, dass ich noch viel zu lernen habe. Nicht nur im Studium, sondern auch bei meinen Praktika heißt es beobachten, reflektieren, ausprobieren und verbessern. Auch wenn meine ersten Einheiten in der Schule ziemlich gut verlaufen sind, (dazu in einem folgenden Beitrag mehr) habe ich auch Dinge erkannt, die ich zuvor nicht so im Blick hatte, die es aber auch noch zu überwinden gilt. Wie mir das gelingen mag und wie’s mir dabei geht, wird sich noch zeigen. Ich werde auf alle Fälle berichten! Nur, was ich jetzt schon mal sagen kann: Das Lächeln der Kinder zu sehen, wenn sie Erfolge feiern, übertrifft eindeutig die schwierigeren Dinge!

Anna Lemmerer ist Autorin bei Schulgschichtn und Lehramtsstudentin im dritten Semester.

Lesezeit: 3 Minuten

Ich habe letztes Jahr mit meinem Lehramtstudium begonnen, weil ich Lehrerin werden will. Und weil ich mir sicher bin, diese Aufgabe gut meistern zu können. Irgendwie klar, sonst hätte ich das Studium ja auch nicht gewählt. Trotzdem will ich bestmöglich auf meine spätere Aufgabe vorbereitet werden, um dann dieser auch gewachsen zu sein. Vorab: Ja, ich bin erst im zweiten Semester und stehe vor meinem ersten Praktikum des Studiums. Doch ganz ehrlich? Unserem Lehrplan und dem Feedback der „frisch fertig gewordenen“ Lehrer:innen zufolge, bezweifle ich immer mehr, nach dem Studium dieser Aufgabe auch gewachsen zu sein. 

Was ist das Problem?

Stellt man mir die Frage, ob ich mir vorstellen kann, später einmal Lehrerin zu werden, lautet meine Antwort definitiv JA. Fragt man mich aber, ob ich glaube, nach meinem Studium dieser Herausforderung gewachsen zu sein, muss ich widerwillig mit NEIN antworten. Ja, ich stehe erst ganz am Anfang meines Studiums, und vielleicht ändert sich meine Meinung diesbezüglich auch noch. Und klar, ich habe noch zu wenige Erfahrungen und Skills, die mich in meinen Ausübungen sicher fühlen lassen. Nur stehen die Aussichten, diese wichtige praktische Erfahrung in den nächsten Jahren auch wirklich zu sammeln, ziemlich schlecht. 

Allein in meinem vier-jährigen Bachelorstudium – das mich berechtigt in einer Unterstufe zu unterrichten – habe ich insgesamt nur drei Praktika. Zusätzlich dazu pro Semester maximal zwei Vorlesungen oder Seminare zu bildungswissenschaftlichen und pädagogischen Themen, und fast keinerlei praktische Erfahrungen. Allein in den ersten zwei Semestern steht ein:e Lehramt-Student:in keine einzige Stunde vor einer Klasse oder kann durch andere praktische Prüfungen seine:ihre Fertigkeiten erweitern. Die ein bis zwei Vorlesungen mit bildungstheoretischem Inhalt sind zudem nicht mal anwesenheitspflichtig und werden von Studierenden meisten auf Gut-Glück mit Zusammenfassungen-Lernen geschrieben. Also auch nicht sonderlich weltbewegend. 

Ich stelle mich also nach vier Jahren Studium und einem Bachelor of Education vor eine sechste Klasse: Ich kann ihnen bildungshistorische Grundlagen erklären, erzählen welche verschiedenen Entwicklungsstufen ein Mensch durchgehen muss und wer in welchem Jahrhundert welche Bildungstheorie aufgestellt hat. Ich weiß aber nicht, wie ich mit gesellschaftskritischen Themen umgehe, geschweige denn weiß ich, wie ich mit verhaltensauffälligen Kindern & Jugendlichen zurechtkomme (von Dingen wie Diskriminierung oder Rassismus ganz zu schweigen). Ich muss mich also wirklich fragen, ob ich nach einem vierjährigem Lehramt-Studium wirklich qualifiziert dazu bin, eine Klasse zu unterrichten.
Kommen dann noch Faktoren wie Multikulturalität, fachfremder Unterricht, keinerlei Vorerfahrungen, Teamteaching und viel zu wenig grundlegendes didaktischen Wissen hinzu, kann ich es Kolleg:innen nicht verdenken, wenn sie überfordert sind. 

Das Problem mit den Lehrinhalten 

Damit will ich gar nicht sagen, dass bildungshistorische Lehrveranstaltungen oder psychologische Grundlagen unwichtig für unser Studium sind. Im Gegenteil, um später praktisch richtig, oder zumindest angemessen, handeln zu können, sind theoretische Grundlagen sehr essenziell. Aber nur dann, wenn andere, zeitgemäße Umstände auch behandelt und gelehrt werden. Denn was bringt es mir für einen Vorteil, zu wissen wie viele verschiedene Kompetenzmodelle es gibt und wie ich richtige Unterrichtsforschung betreibe, wenn ich mit z.B. Mehrsprachigkeit in Klassen nicht umgehen kann? Das bringt mir einzig und allein Vorteile bei den Prüfungen an der Uni, aber sicher nicht später beim Unterrichten. 

Das Ganze mal aus einer anderen Perspektive betrachtet: Stellt man das Verhältnis von bildungswissenschaftlichen und fachspezifischen Lehrveranstaltungen in einem Semester, oder des ganzen Studiums, gegenüber, lässt sich eine eindeutige Tendenz in die fachspezifischen Bereiche erkennen. Von ca. zehn Lehrveranstaltungen in einem Semester sind mindestens acht davon fächerspezifisch zuordenbar. Und davon sind viele nicht mal mit ein bisschen didaktischem Wissen verknüpft. Und dabei ist klar, dass man, um Lehrinhalte vermitteln zu können, auch über Wissen in diesem Gebiet verfügen muss. Nur wenn ich nicht lerne, wie dieses Wissen richtig vermittelt werden kann, bringt mir meine umfassende Ausbildung als Lehrkraft auch recht wenig. 

Was ist also nötig? 

Mehr Praxis! Mehr didaktische, aktuelle Lehrveranstaltungen und bessere Bedingungen! 

Wenn doch schon seit Jahren Lehrer:innenmangel herrscht, darf man doch das Lehramtstudium nicht noch unattraktiver gestalten. Es gehören mehr Praktika in die Curricula (Lehrpläne) mit zusätzlichen Fokus auf mehr (auch gerne fachspezifisches) didaktisches Wissen. Es darf nicht einfacher und meistens auch besser sein, als Quereinsteiger:in zum Lehrberuf zu kommen. Es mangelt nicht an den motivierten Menschen. Sondern an den Umständen des Lehrer:innenalltags. 

Die Infrastrukturen des Studiums sollten also nicht nur die Student:innen bei ihrem Studium unterstützen, sondern auch beim den oft schon möglichen Unterrichten nebenbei. Angehenden Lehrer:innen das Unterrichten neben dem Studium durch unvorteilhaft koordinierte Curricula zu erschweren, ist aufgrund des bestehenden Lehrer:innenmangels sicher auch nicht im Sinne der Bundesregierung. 

Ich wünsche mir wenigstens den Versuch, mehr auf die späteren Aufgaben zu achten und auf dem basierend das Curriculum aufzubauen. Und an alle die gerade in derselben Lage wie ich stecken: Ich hoffe, euch liegt dieser Beruf genau so sehr am Herzen, und ihr versucht, genau diesen wieder attraktiver werden zu lassen.

Anna Lemmerer ist Lehramtsstudentin und Praktikantin bei Schulgschichtn