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In der Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen stellen Schule und Familie in der Regel die zentralen Sozialisationsinstanzen dar. Wenn in einem dieser Systeme Spannungen, Überforderungen oder strukturelle Defizite auftreten, kommt Schulsozialarbeit ins Spiel – oft in enger Kooperation mit der Kinder- und Jugendhilfe. Die Tendenz ist steigend. Es gibt einige Schulen, die beinahe wöchentlich Gefährdungsmeldungen machen (müssen), weil das Kindswohl gefährdet, die Entwicklung nicht adäquat unterstützt und/oder die Lebensumstände zuhause prekär sind. 

Schulsozialarbeit: Prävention, Intervention und Beziehung

Schulsozialarbeit verfolgt das Ziel, Kinder und Jugendliche in ihrer persönlichen, sozialen und schulischen Entwicklung zu fördern. Sie arbeitet systemisch, vertraulich und freiwillig – und doch sehen sich viele Familien mit Misstrauen konfrontiert, sobald der Begriff „Sozialarbeit“ fällt. Zu groß ist die Sorge, in eine Schublade gesteckt oder gar pathologisiert zu werden – viele Eltern sind  des Weiteren der Ansicht, „das Jugendamt nehme ihnen die Kinder weg!“. 

Die Aufgabe der Schulsozialarbeit ist es zu vermitteln, zu begleiten und Brücken zu bauen– zwischen Schule und Elternhaus, zwischen pädagogischem Anspruch und sozialer Realität. Im Wiener Kontext bedeutet das oft, mit Eltern zu kommunizieren, deren Vertrauen in staatliche Institutionen historisch oder biografisch beschädigt ist – sei es aufgrund von Fluchterfahrungen, Armut, Rassismus oder generell fehlender Teilhabe.

Das Jugendamt: Partner oder Bedrohung?

In der öffentlichen Wahrnehmung ist das ehem. Jugendamt, heute Kinder- und Jugendhilfe Wien, vielfach mit einer gewissen Ambivalenz behaftet. Während es in seiner Aufgabe als Kinderschutzinstanz agiert und wichtige Unterstützungsleistungen bietet – von Familienbegleitung über Kriseninterventionen bis hin zu Fremdunterbringungen –, wird es von vielen Eltern primär als Kontrollinstanz erlebt. Gerade wenn Schule eine Zusammenarbeit mit dem Jugendamt initiiert, fühlen sich Erziehungsberechtigte häufig übergangen oder in ihrer Kompetenz infrage gestellt.

Diese Spannung kann nur durch transparente Kommunikation, niederschwellige Kontaktangebote und eine sensible, kulturbewusste Haltung aufgelöst werden. Schulsozialarbeiter:innen sind hier entscheidend: Sie können Übersetzer:innen zwischen Lebenswelten sein, Ängste abbauen und helfen, das Jugendamt nicht als Gegner, sondern als Ressource zu begreifen und hiermit eben auch Lehrkräfte unterstützen, die mit ihren pluralen Aufgaben oft an die Grenzen des menschlich Machbaren stoßen. 

Ganztagsschule: Chance und Herausforderung zugleich

Ganztägige Schulformen bieten grundsätzlich einen fruchtbaren Boden für nachhaltige sozialpädagogische Arbeit. Die erweiterte Verweildauer der Kinder in der Schule schafft Zeiträume für Beziehungsaufbau, kreative Angebote, sozial-emotionale Lernfelder und intensive Begleitung. Zugleich zeigen sich in Ganztagsschulen jedoch auch strukturelle Spannungen: Das pädagogische Personal steht oft unter hohem Druck, multiprofessionelle Teams arbeiten nicht immer reibungslos zusammen, und Eltern fühlen sich – besonders in sozial belastenden Situationen – häufig von Entscheidungen überrollt und/oder ausgeschlossen. Im schlimmsten Fall möchten Eltern schon nicht mehr mit der Schule kooperieren. „Das/ Der/ Die ist jetzt eure Aufgabe – ich möchte keine Beschwerden/Nachrichten mehr von Ihnen erhalten!“

Hier kann eine enge Zusammenarbeit zwischen Jugendamt, Schulsozialarbeit und Schulteam helfen, systemische Lösungen zu entwickeln: etwa durch gemeinsame Fallbesprechungen, Intervisionsformate oder die Entwicklung von Unterstützungskonzepten für Schüler:innen mit komplexen Problemlagen. Das Schulkooperationsteam ist hier ein erster Ansprechpartner. 

Elternarbeit: Beziehung statt Belehrung

Elternarbeit ist der Schlüssel zur Wirksamkeit schulsozialer Maßnahmen. Doch gerade in Zeiten, in denen denen Jugendliche und Kinder vermehrt mit psychischen Problemen und Unwohlsein zu kämpfen haben, ist diese Arbeit nicht trivial. Sprachliche Hürden, Scham, Erschöpfung oder lebensweltliche Differenzen erschweren den Dialog. Schulsozialarbeiter:innen müssen sich hier als Ermöglichende begreifen – nicht als Instanzen der Bewertung. Aufsuchende Formate, Elterntreffs in vertraulicher Atmosphäre, die Zusammenarbeit mit Community-Leader:innen und/oder Dolmetschdiensten können hier wirksame Mittel sein.

Ziel muss es sein, Eltern in ihrer Rolle zu stärken, statt sie zu korrigieren – und gleichzeitig das Wohl des Kindes im Blick zu behalten. Es gilt, Vertrauen nicht nur einzufordern, sondern aktiv herzustellen. Der Kinder- und Jugendhilfe ist es ein Anliegen ist, mit den Familien gut zu kooperieren – und dabei immer im Sinne des Kinderschutzes gemeinsam tragfähige Lösungen zu finden.

Fazit: Eine gemeinsame Verantwortung

Die Herausforderungen, vor denen Wiener Mittelschulen stehen, sind strukturell, sozial und komplex. Niemand kann diesen komplexen Aufgaben allein begegnen. Was es braucht, ist ein echtes Zusammenspiel – auf Augenhöhe mit den Familien, mit offenen Kommunikationswegen, ausreichend Ressourcen und einer klaren gemeinsamen Vision: Alle Kinder verdienen die bestmögliche Unterstützung, unabhängig von Herkunft, Sprache oder sozialem Status.

Die Schule kann dabei ein Ort sein, an dem Bildung und Sozialarbeit nicht nebeneinander, sondern miteinander wirken – im Dienst der nächsten Generation.

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Franziska Haberler, Lehrerin an einer Wiener Mittelschule – in Co-Autorenschaft mit Ingrid Pöschmann, Öffentlichkeitsarbeit der MA 11.

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Die letzte Novemberwoche, vierte Klasse Mittelschule, 18 Jugendliche – davon 14 bereits im neunten Schuljahr, mitten in der Findungsphase: „Was mache ich nach diesem Schuljahr?“ Diese Frage hing wie ein unsichtbares Plakat über unseren Köpfen. Die Antworten? Durchwachsen. Acht wollten eine weiterführende Schule besuchen, drei eine Lehre beginnen, und sieben hatten ungefähr so viel Plan wie ein Blatt im Wind.

Wer in die Zukunft schaut, stellt oft fest, dass der Horizont manchmal eher wie eine dicke Nebelwand aussieht. Für viele meiner Schüler*innen gilt das ganz besonders. Das österreichische Bildungssystem ist ihnen oft so fremd wie die Oberfläche des Mars. Warum? Ihre Eltern, oft aus anderen Ländern zugezogen, kennen die Strukturen hier nicht, und in ihrem Umfeld gibt es nur wenige Vorbilder, die ihnen Perspektiven aufzeigen könnten. Kein Wunder also, dass sich die Jugendlichen kaum für eine Laufbahnplanung begeistern können.

Umso wichtiger waren in meinen Augen die Berufspraktischen Tage (BPT). Ein paar Tage, in denen die Jugendlichen Einblick in die Arbeitswelt bekommen konnten – und nicht nur das: Sie sollten eine Grundlage für Entscheidungen schaffen, die ihr Leben prägen werden.

Selbst ist der Schüler

Die Verantwortung für die Organisation ihrer Praktikumsplätze übertrugen wir den Schüler*innen und ihren Eltern. Ein Wagnis? Vielleicht. Aber was dann geschah, überraschte uns positiv. Mit beachtlichem Engagement machten sich die Jugendlichen auf die Suche – oft ohne Netzwerke, auf die sie zurückgreifen konnten. Während manche Kinder von „Onkel Karl“ in den Betrieb eingeladen werden, hieß es bei meinen Schülern: „Anpacken und selbst erledigen.“

Ein Beispiel: Zwei Schüler zogen an vier Freitagen nachmittags nach der Schule los. Sie klapperten einen Supermarkt nach dem anderen ab, fragten direkt vor Ort nach einem Praktikum. Ihre Hartnäckigkeit wurde schließlich belohnt – ein Penny-Markt öffnete die Türen.

Und dann kam der erste Praktikumstag. 7:30 Uhr klingelte mein Handy. Die beiden Schüler: „Wir sind wieder nach Hause geschickt worden. Letzte Woche gab es hier einen Praktikanten, der eine Schlägerei angefangen hat. Der Filialleiter hat gesagt, er nimmt keine Praktikanten mehr.“

Nach einem Telefonat mit dem Filialleiter konnte ich die Sache klären. „Geben Sie den beiden eine Chance. Ich kenne sie – die machen sicher keine Schwierigkeiten.“ Am Nachmittag beim Besuch vor Ort traf ich denselben Filialleiter, der morgens noch skeptisch war. Begeistert berichtete er: „Die sind wirklich super. So engagiert, so höflich!“

Ein Blick in die Vielfalt

Die Praktikumsplätze spiegelten eine beeindruckende Bandbreite wider: Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Pflegeheime, IT-Firmen, ein großer Telekom-Provider, eine KFZ-Werkstatt, ein Krankenhaus, Anwaltskanzleien – sogar die UNO-City in Wien war dabei.

Die Rückmeldungen der Schüler*innen und der Betriebe waren überwiegend positiv. Natürlich gab es auch Stimmen wie: „Das war schon sehr anstrengend. Für mich ist das nichts.“ Aber dann gab es auch diese Aha-Momente:

  • Eine Schülerin, die bei einer Gerichtsverhandlung dabei sein durfte, erklärte: „Ich werde Anwältin. Das ist sicher!“
  • Ein Schüler, der ursprünglich IT ins Auge gefasst hatte, kam zurück und sagte: „Ich weiß jetzt, dass ich Elektrotechnik machen will.“
  • Ein Anruf zwei Wochen nach den BPT: „Ihr Schüler war bei mir schnuppern. Er interessiert sich so für Gaming und hat echt Talent. Sagen Sie ihm, er soll sich bei mir melden – ich habe da eine Idee, welche Schule er machen könnte.“

Leuchtende Ziele

Die schönste Erinnerung an diese Woche verdanke ich einem Schüler, der während seiner Praktikumszeit an einem Projekt der UNO-City beteiligt war. Der australische Künstler Fintan Magee hatte ein riesiges Wandbild geschaffen, das die Bedeutung der UN-Nachhaltigkeitsziele thematisiert. Bis Ende November war dieses Kunstwerk nachts unbeleuchtet – bis unser Schüler tatkräftig mitarbeitete, um das zu ändern.

Sein Beitrag ging weit über die technische Umsetzung hinaus. Er wurde selbst zu einem Botschafter für die Nachhaltigkeitsziele. Dieses Bild, das nun nachts in strahlendem Licht erstrahlt, ist für mich das stärkste Symbol dafür, wie wichtig es ist, mit jedem einzelnen Kind an seiner Zukunftsperspektive zu arbeiten.

Fazit: Ein klarerer Blick in die Zukunft

Zwei Monate nach den Berufspraktischen Tagen ist vieles klarer: Alle, die eine weiterführende Schule besuchen wollen, wissen nun genau, welche Schule es sein soll – und vielen von ihnen haben sich (vor-)angemeldet. Konkrete Bewerbungen auf Lehrstellen laufen. Nur drei Schüler*innen sind noch unentschlossen, aber auch sie haben deutlich mehr Orientierung als zuvor.

Berufspraktische Tage leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Entscheidungsfindung. Sie können Türen öffnen, Perspektiven schaffen und den Horizont klären. Es liegt an uns, den Jugendlichen diese Chance zu geben. Wer weiß – vielleicht steckt hinter einem Praktikum im Penny-Markt der nächste große Schritt in eine leuchtende Zukunft.

Autor: Markus Neuherz ist Quereinsteiger/Teach for Austria Fellow im ersten Unterrichtsjahr in einer Mittelschule in Wien.

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Die Schule brennt – was man über Kollateralschäden sagen kann

An die Schulzeit haben die meisten Menschen sehr unterschiedliche Erinnerungen.

Meine eigenen waren durchwegs positiv, wodurch in mir sicherlich der Wunsch entstand, Lehrerin zu werden, um junge Menschen auf ihrem Weg zu begleiten und etwas für sie bewirken zu können. 

Nun – 13 Jahre nach Dienstantritt – muss ich leider einsehen, dass ich gescheitert bin. 

Nicht, weil ich meine Motivation oder Ziele aus den Augen verloren hätte, sondern weil unser Schulsystem die Kinder, aber auch die Pädagog:innen im Stich lässt. 

Natürlich werden nicht alle Kinder im Stich gelassen, aber gerade die, welche die meiste Hilfe bräuchten und das macht das Ganze noch unerträglicher. 

„Wir können sie nicht alle retten“

Ein Satz, den ich in den letzten Jahren oft gehört habe und der doch jedes Mal aufs Neue schmerzt, denn genau das sollte unser Anspruch sein:

Wir brauchen ein Bildungssystem, das alle retten und allen einen sicheren Hafen bietet, in dem sich die Kinder und Jugendlichen entwickeln können, ganz egal welche Widrigkeiten ihnen in die Wiege gelegt wurden.

Aber genau das tut es nicht. Unser Schulsystem ist gemacht für Kinder, die funktionieren oder für Eltern, die fehlendes Talent beim Funktionieren durch ihren eigenen Einsatz wett machen. Alle anderen sind Kollateralschäden.

Vererbte Möglichkeiten

Bildung wird in Österreich immer noch vererbt. Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsgrad haben, erreichen seltener den Abschluss einer höheren Schule als Jugendliche, aus Familien mit einem höheren Bildungsniveau. 

Noch schwieriger gestaltet sich das Ganze für Kinder und Jugendliche, die Defizite aufweisen und hierbei ist es vollkommen gleichgültig, ob es sich um kognitive oder körperliche Einschränkungen, andere Erstsprachen als Deutsch oder sonstige Probleme handelt. Diese Kinder haben mehr Steine auf ihrem Weg, die sie zu beseitigen versuchen. Sie werden dabei von der Institution Schule noch mehr im Stich gelassen und müssen stets mehr kämpfen als andere Kolleg:innen in ihrem Alter. 

Viel Anstrengung – wenig Erfolg

Mika ist 11 Jahre alt und ein Schüler meiner Klasse. Er sitzt ab 8 Uhr morgens summend in der Klasse, manchmal singt er auch. Er kann nicht anders. Einen sonderpädagogischen Förderbedarf – also einen Anspruch auf zusätzliche Unterstützung –  hat er nicht und jetzt ist es ohnehin zu spät, er bekommt keinen mehr. 

Vier Stunden in der Schule kann er aushalten, mehr geht nicht, doch sind es täglich 6 Stunden oder mehr, die er aussitzen muss. Leistungstechnisch läuft es nicht gut, trotz großem Bemühen. Die Verzweiflung ist groß, der Druck auf das Kind riesig. 

Was er bräuchte?

Mehr Bewegungspausen, größere Räume, weniger Kinder um sich herum, einen besseren Betreuungsschlüssel der Lehrpersonen. 

Jede Erinnerung ist zu viel

Geflohen ist Aya vor 5 Jahren. Sie spricht fließend Farsi und ist gut in der Schule. Ihre Mitschüler:innen sehen zu ihr auf, sie ist sehr beliebt und pubertätsmäßig wahnsinnig cool. 

Meistens klappt es gut, doch kommt es in der Klasse zu Konflikten, explodiert sie, schlägt andere Kinder und kann sich nicht zurückhalten. An manchen Tagen, vor allem wenn es stressig ist, hat man das Gefühl, sie sucht diese konfliktreichen Momente, um den brodelnden Vulkan in ihr beruhigen zu können, die Emotionen in sich loszuwerden.

Vor einigen Wochen machten wir einen Spaziergang, da die Klasse sehr unruhig war und frische Luft gut tun würde, um danach wieder weiterarbeiten zu können. 

Da bricht Aya, erzählt mir von ihren Erfahrungen in Afghanistan, von Tod und Leichen, die sie gesehen hat. Die Coolness ist weg, die Träne fließt langsam und lautlos über die Wange. 

Ich muss schlucken, bin selbst überfordert, biete an, dass wir vielleicht einen der wenigen noch freien Termine bei unserer Psychagogin vereinbaren können.

Die Träne wird weggewischt, die Fassade ist wieder aufrecht. „Nein, danke!“, sagt sie und geht weiter.

Was bräuchte sie?

So wenig und doch zu viel für das System Schule. Nämlich jemanden, der ihr Zeit gibt, zuhört und hilft, mit ihren Emotionen umzugehen. Emotionen, die für ein ganzes Leben reichen würden.

„Ich will es wirklich!“

Da ist die 13 jährige Mara, die oft fehlt. In der Schule sitzt sie meist stumm da. Hausübungen bringt sie nie, obwohl sehr viel Potenzial in ihr schlummert. In ihrem kurzem Leben hat sie einiges durchgemacht. Mit 11 Jahren war sie drogenabhängig, LSD. Nun sitzt sie in der Schule und soll eine Zusammenfassung über Getreide schreiben, während sie ihren Fingernagel mit den Zähnen bearbeitet. 

Sie kann nicht mehr. 

Seit dem Entzug ist sie zwar clean, allerdings bei Nikotin und Zigaretten hängen geblieben. Nach einem Vormittag Schule machen sich die Entzugserscheinungen bemerkbar, sie wird aus dem Nichts gereizt und aggressiv. Ich versuche, sie zu überzeugen, zu bleiben – erfolglos.

Festhalten darf ich sie nicht und außerdem bin ich gerade alleine für noch weitere 24 Schüler:innen zuständig, die ich unterrichten soll. Schließlich verlässt Mara unerlaubt die Schule, ich informiere meinen Chef und dieser die WG. Die Wohngemeinschaft, in der die Jugendliche lebt, kann nichts tun, auch hier herrscht Personalmangel.

10 Minuten später ist Mara wieder zurück, sichtlich ruhiger. „Ich will das hier schaffen! Sicher!“, murmelt sie mir zu und wirft ein „Tut mir leid!“ nach. 

Ohne Sicherheit kein Wachstum

 Sie kennen sicher die Maslowsche Bedürfnispyramide. Ganz unten finden sich die Grundbedürfnisse von uns Menschen wieder, wie beispielsweise Nahrung, ein Wohnort, ausreichend Schlaf oder berufliche Sicherheit. Erst wenn diese erfüllt sind, kann Wachstum stattfinden. Und genau hier versagt unser Bildungssystem. 

Die Kinder können nichts für ihre Lebensumstände. Sie haben sich nicht ausgesucht, Defizite zu haben, ganz gleich, wie diese aussehen und ob sie erworben oder angeboren sind. 

Was kann Schule tun?

Natürlich kann man jetzt sagen, dass Schule nichts für diese Umstände kann und das ist absolut richtig, dennoch muss man festhalten, dass das Bildungssystem zu wenig tut, um diese Defizite auszugleichen, um Chancengerechtigkeit herzustellen. 

Viele meiner Kolleg:innen fordern seit Jahren dasselbe: größere Räumlichkeiten, niedrigere Schüler:innenhöchstzahlen, mehr Pädagog:innen, neue Lehrpläne, die auf die aktuellen Herausforderungen abgestimmt sind und vor allem mehr Unterstützung in Form von Schulsozialarbeiter:innen und Psychagog:innen. 

Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Vor einigen Jahren wurden die Klassenhöchstzahlen abgeschafft, die Ausbildung für Sonderpädagog:innen an Pflichtschulen wurde aufgelassen, aufgrund des akuten Personalmangels fallen immer mehr Überstunden an. 

Kolleg:innen bemühen sich, all das abzufangen und viele davon brennen bei dem Versuch aus. Auch hier sind es eben „Kollateralschäden“ in einem System, das längst kaputt ist. 

Während die Schule quasi lichterloh brennt, versuchen wir Pädagog:innen verzweifelt, den Brand mit Kübeln voll Wasser zu löschen. Erfolglos und zurückgelassen mit vielen Brandblasen.

Chancengerechtigkeit – so nicht

Sie kennen sicher alle das Bild der Tiere in der Schule. 

Ein Affe, ein Pinguin, ein Elefant, ein Fisch, ein Hund und eine Robbe sollen auf einen Baum klettern. Ein nicht sehr faires Unterfangen. 

Diese Karikatur wurde 1976 von Hans Traxler veröffentlicht und sollte schon damals die Chancenungleichheit des Bildungssystems aufzeigen.

Seit damals – also seit fast 50 Jahren – hat sich nichts geändert.

Lediglich der Baum, den es zu erklimmen gilt, ist noch höher geworden. 

Und dennoch ist eines geblieben: Wer die Baumkrone nicht erreicht, ist eben ein Kollateralschaden, denn man kann sie eben nicht alle retten, so wurde es mir zumindest gesagt. 

Die Autorin ist Lehrerin an einer Wiener Mittelschule

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„Mittelschulen sind keine guten Schulen.“ oder „Diese Volksschule bei mir ums Eck ist keine gute Schule!“ sind Sätze, die man oft hört. Sie prägen unser Bild einzelner Schulen und ganzer Schultypen. Dabei weiß niemand in Österreich, welche Schule wirklich gut ist. 

Der Ruf und die Realität 

„Das Problem bei uns in Schwechat ist, dass die guten Schulen überlaufen sind. Die einzige Schule mit freien Plätzen ist die schlechte Schule, die Mittelschule.“ erzählte ein Elternvertreter letztes Jahr vor großer Runde im Rahmen eines gut besuchten Bildungsforums. Diese Aussage hat mich geärgert. Zum einen, weil sie symptomatisch ist für Bildungsdebatten in Österreich, die selten auf Daten und Fakten beruhen. Zum anderen, weil ich selbst vor einigen Jahren an dieser Mittelschule unterrichtet habe. Wir Lehrer:innen dieser Mittelschule haben damals, nach den jeweiligen Bildungsstandard-Testungen die Ergebnisse unserer Klassen bekommen. Fast jedes Mal waren die Leistungsergebnisse der Klassen über dem Erwartungswert, der für unsere Schule berechnet wurde. Da unterschiedliche Schulen unterschiedliche Voraussetzungen haben, wurde bei den Bildungsstandarderhebung (ebenso wie bei den jetzigen „ikm+-Testungen“) ein Erwartungswert für die jeweilige Schule kreiert. Wir haben also, im österreichweiten Vergleich mit ähnlichen Schulen, überdurchschnittlich gute Werte erreicht. 

Der Ruf „guter“ und „schlechter“ Schulen basiert in Österreich nicht auf Fakten, sondern auf Hörensagen und Erzählungen. Niemand kennt die tatsächliche Qualität einer Schule, also den Lernfortschritt bzw. Lernzuwachs den Schüler:innen an der Schule erzielen. Der Ruf einer Schule ergibt sich in Österreich viel eher aus dem Klientel der Schüler:innen, die die jeweilige Schule besuchen. Eine „gute Schule“ ist doch oftmals einfach jene Schule, wo die anderen die dort sind, ein bisschen so sind, wie man selbst. Das sagt aber wenig über die tatsächliche Qualität einer Schule.

Daten – intelligent und sinnvoll

Daten, die den Lernerfolg und den Lernfortschritt der Schüler:innen in gewissen Fächern beziehungsweise auch den Erfolg in ihrer weiteren Bildungskarriere zeigen, wären viel eher dazu geeignet zu definieren, was eine „gute Schule“ ist. Das Ganze ist klarerweise nicht trivial. 

Einerseits, weil nicht nur der akademische Lernfortschritt die Qualität einer Schule ausmacht, sondernd auch viele soziale Aspekte entscheidend sind. Eine „gute Schule“ muss sicherlich auch eine Schule sein, in der sich die Schüler:innen wohlfühlen, geschätzt und gesehen werden, ihre Stärken entdecken und sich dementsprechend entfalten können. Aber nur weil das schwierig zu messen ist, sollten wir nicht darauf verzichten jene Aspekte intelligent und transparent zu messen, die eine „gute Schule“ sicherlich auch ausmachen: den Lernfortschritt und Kompetenzerwerb der Schüler:innen. 

Eine zweite Schwierigkeit ist, dass absolute Vergleiche von Testergebnissen unterschiedlicher Schulen nie fair sein werden. Die absoluten (aggregierten) Testergebnisse von Gymnasien sind (sowohl bei PISA als auch den Bildungsstandards und bei den neuen ikm+ Tests) besser als jene von Mittelschulen. Klar. Das heißt aber noch nicht, dass Gymnasien die besseren Schulen sind. Ein Beispiel: Das Maximum eines Tests ist ein Index von 100. Ein Gymnasium startet mit Schüler:innen, deren Vorwissen im Schnitt bei 40 liegt, und bringt sie auf 80. Das ist ein Lernzuwachs von 100%. Die Mittelschule hingegen beginnt bei 20 und schafft es auf 60. Das ist ein Lernzuwachs von 200%. Welches Ergebnis beeindruckt mehr? Das Gymnasium hat, absolut gesehen, den besseren Wert, mehr Lernfortschritt (Verdreifachung statt Verdoppelung) hingegen hat die Mittelschule geschaffen. Trotzdem wird sie weiterhin als „schlecht“ abgestempelt, während das Gymnasium als „gute Schule“ gilt. Natürlich gibt es auch gewisse Anforderungen an absolute Ergebnisse und ich werde mich als Mittelschullehrer nie dafür aussprechen, dass von meinen Schüler:innen, weniger verlangt wird, aber ein Vergleich dynamischer Werte kann ein erster Schritt dabei sein, zu definieren, welche Schulen „gut“ sind.

Es braucht Daten und es gibt Daten

Die gute Nachricht ist, es gibt in Österreich teilweise schon Daten dazu. Die schlechte Nachricht ist, niemand darf sie sehen und sie werden nicht verwendet. Die ikm+ Testungen haben die Bildungsstandardüberprüfungen ersetzt. Diese Testung wird von allen Schüler:innen in der dritten und siebten Schulstufe durchgeführt und bietet ebenso wie die Bildungsstandards einen „fairen Vergleich“ also unterschiedliche Erwartungswerte für unterschiedliche Schulen. Diese Daten sind aber so geheim, dass sie nicht mal zur politischen Steuerung von Ressourcen oder zur Qualitätssicherung verwendet werden. 

Wir sollten in Österreich dynamische Daten erheben, also den Lernfortschritt der Kinder an ihrer jeweiligen Schule messen. Dann könnten wir tatsächliche die Aussage treffen, dass eine Volksschule, in der die Schüler:innen von der 1. bis zur 4. Klasse (relativ vom Ausgangsniveau) viel dazugelernt haben, eine gute Schule ist. Diese Daten können transparent und sinnvoll zur Systemsteuerung und Qualitätssicherung verwendet werden. So könnten wir auch sehen, dass Schule A überraschend gute Ergebnisse beim Lernfortschritt hat, während Schule B, mit einer ähnlichen Schüler:innenschaft schlechte Ergebnisse hat. Hier wäre es dann gerechtfertigt von „guten Schulen“ zu sprechen. Und, wir könnten alle voneinander und von Schule A lernen. 

Was wir von anderen lernen können

Ein Blick in andere Länder und Städte zeigt, dass das nicht nur möglich ist, sondern auch zu einem besseren und faireren Bildungssystem beiträgt.

In England, vor allem in London, ist der sogenannte Progress-8 score eine der wichtigsten Datengrundlagen. Diese Kennzahl ist doppelt dynamisch bzw. relativ und damit sehr gut geeignet die Qualität von Schulen zu bestimmen. Progress 8 misst nicht nur den Lernfortschritt den Schüler:innen in acht Fächern über einen Zeitraum von 5 Jahren an ihrer Schule erreicht haben, sondern setzt diesen Lernfortschritt auch in Relation zu dem jeweils für sie erwarteten Lernfortschritt. Der große Fokus auf diese Leistungsdaten im Vereinigten Königreich hat sicherlich auch negative Aspekte. Die Transparenz dieser fairen Vergleichswerte aber hat zu einem Umdenken geführt, welche Schulen als „gut“ gelten und welche Lehrer:innen die „beste“ Arbeit machen. Außerdem dienen sie als Grundlage zur Unterrichtsentwicklung. 

In Hamburg werden alle Schüler:innen in den Pflichtschuljahren sechs Mal mit den sogenannten KERMIT-Testungen getestet. Diese Testergebnisse stehen dann den Schulleitungen, der Schulaufsicht und den Lehrer:innen als Grundlage für die Schul- und Unterrichtsentwicklung zur Verfügung. Diese Datenerhebung war bei der Einführung 2012/13 sehr umstritten, mittlerweile ist sie sowohl Direktor:innen, als auch bei Lehrer:innen beliebt, um die Qualität von Schulen und Unterricht sicherzustellen. 

In Estland gibt es eine öffentliche Website des Ministeriums, auf der alle Daten zu jeder Schule einsehbar sind. Von der Größe der Klassenzimmer, der Ausbildung der Lehrer:innen, den Ergebnissen bei zentralen Testungen bis hin zu den Ergebnissen des jährlich „satisfacory survey„, in welchem alle Schülerinnen und Schüler gefragt werden, wie es ihnen geht und was sie sich wünschen, ist alles transparent einsehbar.

Diese Offenheit mit solchen Daten irritiert in Österreich meist sehr. Aber. London ist innerhalb Englands (und wohl auch innerhalb Europas) einer der besten Orte für sozio-ökonomisch benachteiligte Schüler:innen, eine Schule zu besuchen und faire Chancen zu bekommen. Hamburg war vor einigen Jahren eines der schlechtesten deutschen Bundesländer, ist derzeit auf dem dritten Rang und, nach dem Saarland, jenes Bundesland, das sich seit 2013 am meisten verbessert hat. Und, Estland hat in fast jedem Vergleich das beste und fairste Bildungssystem Europas.

Vielleicht ist meine Mittelschule besser als ein Gymnasium

Der Gedanke ist provokant: Vielleicht ist meine Mittelschule für den (relativen) Lernfortschritt ihrer Schüler:innen besser als das Gymnasium daneben? Welche Schule ist dann eine „gute Schule“? 

Wir haben in Österreich nicht definiert, was eine „gute“ Schule ist. Dennoch reden wir ständig von „guten“ und „schlechten“ Schulen. Eine wichtige Kenngröße sollte der Lernfortschritt der Schüler:innen sein. Erfolgreiche Bildungssysteme messen genau das und nutzen diese Daten, um Schwächen zu identifizieren, Verbesserungen anzustoßen und die Unterrichtsqualität zu entwickeln. Es ist an der Zeit, in Österreich die Debatte um „gute“ und „schlechte“ Schulen auf eine fundierte Basis zu stellen. Anstatt auf Hörensagen zu vertrauen, sollten wir transparente und dynamische Daten nutzen, um die Qualität von Schulen zu bewerten. Nur so können wir allen Schüler:innen faire Chancen bieten – unabhängig vom Schultyp oder sozialen Umfeld.

Felix Stadler, Mitgründer von Schulgschichtn und Lehrer an einer Wiener Mittelschule.

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Mein Start in der Mittelschule – Schüler*innen berichten

In den letzten Artikel wurde der Frage nachgegangen, wie Lehrer*innen den Schuleinstieg erlebten. Allerdings sind diese nicht die Einzigen, für die der September ein markantes Datum darstellt: Zahlreiche Schüler*innen haben überhaupt ihren allerersten Schultag oder erleben ihren ersten Schultag in einer neuen Schule. 

Als Klassenvorständin einer 1. Klasse Mittelschule durfte ich Anfang September 22 Schüler*innen begrüßen. Ein paar Schüler*innen kannten sich bereits aus einer der umliegenden Volksschulen, andere hatten Freunde oder Geschwister in Parallelklassen oder höheren Jahrgängen. Aber es gab auch Schüler*innen, die kein bekanntes Gesicht am Standort hatten oder für die es überhaupt der erste Schultag an einer österreichischen Schule war. 

Sie eint, dass mich am ersten Schultag viele aufgeregte und gespannte Gesichter erwarteten. Manche hatten sich extra schön angezogen, andere brachten mir Bonbonieres oder Blumen mit.

Liebe Ela! Seit ein paar Wochen besuche ich eine neue Schule

Wie blicken die Schüler*innen auf die ersten Wochen in der Mittelschule zurück? Dies war unter anderem das Thema der 1. Deutsch Schularbeit. Die Schüler*innen der 1. Klassen mussten einen Brief an eine Person ihrer Wahl schreiben, die noch nie an ihrer Mittelschule war und diese auch nie besuchen wird und im Brief von den ersten zwei Monaten an ihrer neuen Schule berichten. Geschildert wurden die Gefühle am ersten Schultag, wie bereits neue Freundschaften entstanden, wie die neuen Lehrpersonen erlebt werden, welche Aktivitäten bereits durchgeführt wurden aber auch, wie das Arbeiten im Unterricht ist. 

Die nachfolgenden Zitate stammen aus den Schularbeitstexten der Schüler*innen und wurden bis auf die Rechtschreibung und Grammatik nicht verändert. 

Mein erster Schultag

Viele Briefe begannen mit dem Schulstart und wie es den Schüler*innen dabei ging. Armin beschreibt diesen folgendermaßen: „Am Anfang war ich sehr schüchtern, jedoch dauerte es nicht so lange, bis ich die ersten Freundschaften gegründet habe.“ Elanur empfand die Situation ähnlich: „Mein erster Schultag war aufregend, weil ich neue Gesichter kennengelernt habe.“ 

Aus den „neuen Gesichtern“ wurden bald Freund*innen. „Ich habe schon viele Freundinnen und Freunde gefunden. Ich hoffe, du wirst auch so viele Freunde finden“, wünscht Petra der Empfängerin ihres Briefes. Auch auf digitale Medien wird bereits zurückgegriffen, um die Freundschaften zu vertiefen: „Ich habe schon neue Freunde und wir (Buben) haben schon eine WhatsApp Gruppe gemacht“, schreibt Ali. 

Aus Sicht einer Lehrperson ist es faszinierend zu beobachten, wie schnell die Schüler*innen sich anfreunden, aufeinander zugehen und sich helfen. Herkunft und Sprachkenntnisse spielen in den meisten Fällen eine untergeordnete Rolle. In der Mittelschule ist es egal, ob man jeden Tag denselben Pulli trägt, kaum Deutsch kann oder während dem Unterricht manchmal Selbstgespräche führt: Die Klassenkolleg*innen blicken darüber hinweg und man hat Freunde.

Wir hatten schon viele Ausflüge

In den ersten Schulwochen wurden unterschiedliche Aktivitäten organisiert, damit sich die Schüler*innen besser kennen lernen und zu einem Team werden. Besonders in Erinnerung blieben folgende Erlebnisse: „Außerdem hatten wir schon viele Ausflüge, z.B. Kennenlerntage in der Aula und im Park, wo ich meine Klasse besser kennengelernt habe oder wandern in Neuwaldegg. Puhhhh, das war anstrengend! 14 000 Schritte hin und zurück“, beschreibt Tuana die Aktivtäten in den ersten Wochen.

Die eigene Präsenz scheint jedoch nicht unbedingt von Bedeutung, damit das Erlebnis Erwähnung im Brief findet: „Meine Klasse war in einem Wald wandern. Der Wald heißt Neuwaldegg. Leider konnte ich nicht mit, weil ich krank war,“ so Arda. „Wir haben schon vier schöne und lustige Lehrausgänge gemacht: An der Universität haben wir uns einen riesigen Globus angeschaut. Das war ganz toll. Außerdem waren wir auch Fahrrad fahren und das war nice, als wir auf der Straße gefahren sind“, erzählt Sofia in ihrem Brief.

Die Lehrausgänge und Projekttage wurden in fast allen Briefen ausführlich beschrieben und zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, mit den Schüler*innen auch außerhalb des Klassenzimmers etwas zu unternehmen. Oftmals sind es gerade diese Erinnerungen, die einem ein Leben lang bleiben.

Wir nennen sie Frau Koch und Herr Falk

Natürlich werden in den Briefen auch die Lehrer*innen erwähnt, die „so nett sind“, laut Irem. Peter schreibt: „Über die Lehrer/innen müssen wir uns nicht beklagen. Sie sind alle nett und sympathisch und machen einen guten Eindruck.“ Glück gehabt! 

Im Gegensatz zu den meisten Volksschullehrpersonen ändert sich jedoch die Anrede. „Unsere Klassenvorstände sind Stefanie Koch und Peter Falk. Um respektvoll zu sein nennen wir Sie Frau Koch und Herr Falk.“ Die Anrede Frau XY und Herr XY fällt den meisten Schüler*innen leicht. Deutlich schwieriger ist der Umstieg auf die Höflichkeitsform, sodass man die ersten Monate des Öfteren Phrasen in dieser Art hört: „Frau XY, kannst du bitte….“

Ich bin der Klassensprecher

In der zweiten Schulwoche wurden die Klassensprecher*innen gewählt. Jede Kandidatin / Jeder Kandidat musste in einer kleinen Wahlrede erklären, warum sie bzw. er besonders gut für dieses Amt geeignet ist. Diese Funktion muss natürlich auch im Brief erwähnt werden: „Ich wollte dir etwas Wichtiges erzählen: Ich bin der Klassensprecher geworden und viele Kinder aus unserer Volksschule sind auch hier in dieser Schule. Ich wünschte, dass du auch hier wärest!“, schreibt Ismail. 

Dann hat das Arbeiten begonnen

Neben diversen Aktivitäten außerhalb des Klassenzimmers hat auch schon das Arbeiten in der Klasse begonnen. „Ich musste bereits ein zwölf Zeilen langes Gedicht auswendig lernen“, so Lukas. „Meine erste Mathe Schularbeit war großartig“, schreibt Lena. Etwas nüchterner erlebte Hussain den Start: „Wir haben unsere Bücher bekommen, dann hat das Arbeiten begonnen.“

Natürlich schafft die Aufregung bei der Schularbeit auch kleine Irrtümer. Ein Schüler besucht „nun schon seit zwei Jahren eine neue Schule“, anstelle von zwei Monaten. Eine andere Schülerin vergaß beim Schreiben ein kleines, aber bedeutendes Präfix: „Ich suche seit ca. zwei Monaten eine neue Schule“. Zum Glück hat sie die Schule mittlerweile gefunden.

Ich freu mich auf die nächsten 4 Jahre mit dir!

Aber auch als Lehrperson erhält man ab und zu einen Brief – ganz unabhängig von einer Schularbeit. Dabei wird einem wieder bewusst, dass der Job zwar in vielen Situationen sehr fordernd ist, man zugleich aber auch unbezahlbar schöne Momente erlebt.  

Marie Sophie Plakolm, Lehrerin an einer Wiener Mittelschule.